Aus alt mach neu. So oder so ähnlich könnte man den aktuellen Hoka Torrent 4 beschreiben. Hoka hat sich mit seinem Torrent 4 in neue Gefilde gewagt. Der Schuh wurde laut Hersteller von oben bis unten aktualisiert: Neuer Schaumstoff an der Zwischensohle, erhöhte Standhöhe, mehr Gummiabdeckung, überarbeitete Stollenform und -anordnung sowie eine Zuglasche aus Webstoff an der Ferse. Liest man das, kommt man schnell auf den Gedanken, ob es vielleicht einfacher gewesen wäre, einen komplett eigenständigen neuen Schuh zu erschaffen.
Ein Model 1.0. Für uns Läufer eigentlich egal, solange man mit dem Vorhandenen gut zurechtkommt. Es gibt aber auch Sportler unter uns, die sich einmal auf einen Schuh festgelegt haben. Der einfach funktioniert, ganz individuell. Da werden gerne mal im Voraus einige Paar gehortet. Jeder Sale mitgenommen, um ja immer “Stoff” zum Laufen parat zu haben.
Für eben diese nicht zu verachtende Randgruppe, (um ehrlich zu sein, gehöre ich dazu, und es gibt in der Szene sicherlich einige dieser Spezies) ist eine so komplette Neuorientierung manchmal nicht optimal. Dennoch…für Verbesserungen sind wir ja alle offen. Und genau so offen und unvoreingenommen bin ich an die Testung des Hoka Torrent 4 herangegangen. Kein direkter Vergleich zum Vorgängermodell, sondern ein “Hier und Jetzt”.
Das sagt der Hersteller
The Rundown. Ein leichter Schuh mit Grip und Dämpfung fürs Gelände. Weicher, federnder und stabiler als je zuvor.
Hoka hat den Torrent 4 mit noch mehr Dämpfung neu aufgelegt. Der Zwischensohlen-Verbundstoff ist jetzt leichter und gedämpfter, die Standhöhe größer und der Fuß ist sicher in einen Active Foat Frame eingepackt. Innen soft, außen knackig: Der Schuh verwöhnt deine Füße mit einer extra weichen Einlegesohle auch auf langen Strecken.
Außen sorgen neu aufgelegte 5 mm Stollen für aggressiven Grip auf dem Trail. Zudem reicht der abriebfeste Gummi jetzt strategisch weiter nach oben und bietet optimalen Schutz.
In Kürze
- geformte, gesteppte Manschetten Konstruktion
- Atmungsaktives, einlagiges Mesh-Obermaterial aus 35% recyceltem Polyester
- Heißgeklebter Stützkäfig
- Flache Zwickellasche
- 3D-gedruckte Verstärkung
- Leichter, reaktionsfähiger Verbundstoff an der Zwischensohle “Profly”
- Early Meta Rocker
- Active Foot Frame an der Ferse
- Strategische Gummieinfassungen für mehr Stabilität und Haltbarkeit
- Aggressive 5-mm-Stollen aus abriebfestem Gummi
- Vegan
Das sagen wir dazu
Auflage, komplett neuer Schuh. Wie bereits erwähnt, hat Hoka in vielen Details nachjustiert. Das Obermaterial besteht aus einem atmungsaktivem Mesh. Dieses ist relativ engmaschig hergestellt, und wirkt ziemlich stabil. Gummierte Verstärkungen mit dem integrierten Schriftzug HOKA sind großflächig verteilt, und an den seitlichen Leisten zieht sich die Zwischensohle weit nach oben.
Daher bietet der Schuh nicht allzu viele Möglichkeiten für regelrechten Luftaustausch. Das bezeichnet der Hersteller als Active Foot Frame-Technologie. An sich aber eine gute Innovation. Da dies wiederum die Stabilität erheblich verbessert. Das Herzstück eines Laufschuhs ist meiner Meinung nach die Zwischensohle. Hier entscheidet sich in welche Richtung das Modell will. Auf Schnelligkeit und Leistung getrimmt und minimal und leicht geformt. Oder Voluminös und auf Bequemlichkeit, Komfort und gute Dämpfung ausgelegt. Der Hoka Torrent 4 bietet eine gute Mischung aus allem.
Die aus komprimiertem EVA-Schaum geformte Zwischensohle befindet sich mit ihren 33mm Fersenhöhe im absoluten Durchschnitt im Vergleich zu anderen Herstellern. Wer Hoka kennt, weiß dass hier noch mehr möglich ist. Dafür profitiert der gefühlte Kontakt zum Boden. In der Sohle verbaut ist ausserdem noch eine sogenannte Early Meta Rocker. Das bedeutet nichts anderes als eine unterstützende “Wipp-Abrollgeometrie” Hoka hat die Außensohle seines Torrent 4 aus einer Gummimischung gefertigt, welche zusätzlich noch aus zwei Teilen besteht: Ferse und Vorfuß. Dabei gibt es zusätzlich noch Aussparungen um Schlammanhaftung zu vermeiden und Material und Gewicht einzusparen.
Die 5 mm hohen Stollen verteilen sich flächig auf der Sohle und bietet eine gute Höhe um in weichem Untergrund ausreichend Traktion zu bieten. Alles in allem wirḱt der Schuh sehr stimmig. Optisch ansprechend. Auf den ersten Blick lässt sich jedoch nicht klar erschließen in welche Kategorie man ihn einordnen kann. Bei vielen anderen Laufschuhen auf dem Markt kann man das klar sehen, z.B. anhand ihres hohen Sohlenaufbaus, oder anderen spezifischen Details. Daher ist ein Test sinnvoll, damit ein gewisses Bild entsteht, für welchen Bereich eine Kaufempfehlung ausgesprochen werden kann.
Passform
Der Schuh fällt größtenteils “Hoka-gerecht” aus. Er fühlt sich auch so typisch “Hoka” an. Einfach reinschlüpfen und wohlfühlen ist hier die Devise. Ich würde fast behaupten, wer die Marke kennt, würde einen Schuh davon auch mit geschlossenen Augen erkennen. Die Zehenbox ist relativ geräumig und engt keinesfalls ein. Im Bereich des Mittelfußes schmälert sich die Formgebung etwas, und auch die seitliche Gummierung der Zwischensohle ist an den Leisten noch oben gezogen.
Das spürt man und vermittelt sogleich etwas mehr Stabilität. Die Ferse ist ausreichend gepolstert und bietet einen guten Halt. Das ist auch von Vorteil, da der Schaft niedrig gehalten ist und den Bereich um die Knöchel frei lässt. So werden diese nicht in Mitleidenschaft gezogen und es kommt zu keinem unnötigen Scheuern.
Die Zunge ist mit dem restlichen Schuh verbunden und kann so weniger hin und her rutschen. Eben diese ist zwar durchgängig, aber nur leicht gepolstert. Durch ein herkömmliches Schnürsystem kann der Torrent 4 noch einmal individuell angepasst werden. Die Senkel sind zwar griffig und auch nicht zu lang, eine Verstaulasche sucht man jedoch vergeblich.
Performance
Rein in das Teil und los. Der Hoka Torrent 4 macht mir das relativ einfach. Das fängt bereits bei dem einfach und niedrig gehaltenem Schaft an. Die Nylonlasche an der Ferse erleichtert das Anziehen und mit der herkömmlichen Schnürung kann der Torrent sehr gut angepasst werden. Obwohl er im Seitenbereich sowieso schon eng anliegt. Aber das habe ich bereits hinsichtlich der Passform genauer erläutert. Ein typischer Door to Trail Schuh. Trotz seiner doch sehr ausgeprägten Stollen, rollt er angenehm auf Asphalt dahin.
Grund dafür ist sicher auch seine große Fläche der unteren Sohle, welche nach allen Seiten hin leicht über den Schuh hinausragt. Nach anfänglichen Metern auf festem Untergrund darf ich in meinen geliebten Trail einbiegen. Und sogleich fühlt sich der Schuh anders an. Aha…also doch typisch Trailschuh. Für das ist er ja auch geschaffen worden. Jetzt heißt es herauszufinden auf welchem Terrain sich der Torrent 4 nun am besten präsentiert. Wald und Wiesenpfade meistert er mit Bravour, doch auch mit Wurzel durchzogenen, engen Trails und technischem Untergrund hat er kein Problem. Bei schnellen Richtungswechseln und Sprüngen bietet die hochgezogene Zwischensohle sehr gute Unterstützung und Sicherheit.
Auch der etwas geringe Aufbau des EVA Schaums (vor allem im Fersenbereich) vermittelt einen direkteren Kontakt zum Boden und begünstigt unbewusst dadurch einen schnellen und agilen Laufstil. Es macht Spaß mit dem Torrent 4 durch den Wald zu fetzen und Höhenmeter zu sammeln. Sei es bergauf oder bergab. Beides ist durchaus möglich. Einzige Abstriche sind zu machen, wenn es um Schutz für die Zehen geht. Zwar ist der Bereich gummiverstärkt, aber spitze Steine oder sonstige äußere Einflüsse haben leichtes Spiel. Auch der niedrige Schaft lässt schnell kleine Steinchen von oben rein. Ein richtiger Downhill auf alpinen Geröll ist nicht wirklich lustig. Vor allem wenn man mit klammen Fingern die Bänder lösen - Steinchen raus - Bänder wieder irgendwie verstauen will. Ich bin einfach ein Freund dieser schlichten Lösung, um offene Senkel zu vermeiden. Leider hier Fehlanzeige.
Doch um wieder zurück zur Lauf Performance in Bezug auf die Sohle zu kommen, merkt man, in welche Richtung der Torrent 4 tendiert. Auf langen Distanzen fehlt es an Komfort. Die Dämpfung ist gut, bietet auch einen gewissen Vortrieb, kommt aber an ihre Grenzen. Ab Kilometer 25 habe ich das Gefühl etwas mehr wäre nicht schlecht. Einen Ultra möchte ich damit nicht laufen wollen. Da gibt es andere Modelle die besser geeignet sind. Dafür formt sich umso mehr ein Bild vom “neuen Torrent”. In Sachen Traktion überzeugt er in jeder Hinsicht. die zweigeteilte Sohle scheint sehr flexibel in ihrem Abrollverhalten zu sein und bietet ein absolut dynamisches Laufgefühl. Kürzere Ausflüge auf laufbarem Terrain sind sein Ding.
Wichtige Facts
Model: Torrent 4
Gewicht: 236 Gramm Damen / 248 Gramm Herren
Sprengung: 5 mm
Obermaterial: Mesh, atmungsaktiv aus Polyester
Zwischensohle: Schaumstoff
Außensohle: Gummi
UVP: 140 Euro
Fazit
Ein komplett neuer Torrent. Ideal für laufbare Einheiten im Gelände auf mittleren Distanzen. Ein Schuh, der Stabilität und Verlässlichkeit bietet, und eine gute Kombi von Komfort und Spritzigkeit an den Tag legt.