ORCA-WETSUIT / OPENWATER RS1 THERMAL

 

Es war Oktober 2020 als ein mehrfacher Ironman-Weltmeister einen Thermal-Wetsuit vorstellte, der „offene Türen“ bei Triathlet*innen und Schwimmer*innen „einrannte“.

Hintergrund war insbesondere, dass die pandemische Lage durch Corona (damals) zu immer mehr Schließungen von Hallenbädern führte und sich somit für viele Hobby-, Amateur- und Leistungssportler*innen gezwungen sahen, ihre Open Water Season deutlich zu verlängern bzw. (2021) deutlich früher einzuläuten.Und so sah man immer mehr Schwimmer*innen, die mit mehr oder minder gelungener Kälteisolation und handelsüblichen Neoprenanzügen in den zunehmend kälter werden Seen und Gewässern Deutschlands ihre Trainingseinheiten abspulten.

Der „Haken“ an der oben genannten Produktvorstellung war jedoch, dass es meiner Meinung nach fraglich ist, ob man für einen Thermal Wetsuit einen vierstelligen Euro-Betrag zahlen muss oder sollte… Deswegen war ich auch sehr gespannt darauf, den wärmsten und thermisch isoliertesten Wetsuit von ORCA - den OPENWATER RS1 THERMAL (RS1) - testen zu können. Interessant dabei, dass dieser es laut Datenblatt ermöglicht, auch in wirklich kalten Gewässern längere Schwimm-Trainings abhalten zu können… und das zu einem sehr attraktiven Preis.

Shop4runners hat mir den RS1 von ORCA zur Verfügung gestellt so dass ich selbigen unabhängig von etwaigen Hersteller-Interessen testen konnte.

 

 

VORWORT / WARNHINWEIS:

Unerfahrene Schwimmer*innen sollten sich langsam und vorsichtig an das Offenwasser-Schwimmen herantasten, idealerweise in Begleitung.
Ebenso sollte man sich auch an ein Schwimmen im kalten Wasser gewöhnen und auf eine gute, isolierende Ausstattung achten.

Sämtliche der von mir gemachten Temperaturangaben beziehen sich auf meine Empfindungen und Erfahrungen. Ich selbst schwimme seit über 20 Jahren insbesondere in der Pre- & Post-Season auch in Seen mit deutlich unter 15 Grad Wassertemperatur.

 

DAS UNTERNEHMEN:

ORCA ist global gesehen der Marktführer im Bereich hochfunktionaler Wetsuits für Schwimmer* und Triathlet*innen - kein anderer Hersteller verkauft weltweit mehr Neopren-Anzüge als der Hersteller aus Neuseeland.

Auch in Deutschland gehört ORCA seit Jahren zu den Top3 im Markt und wird durch namhafteste Triathlet*innen auch marketingtechnisch sehr gut präsentiert.

Insbesondere konnte und kann ORCA durch exklusive Hightech-Materialien, sowie zahlreiche Innovationen sowie absolute Klassiker im Bereich Neopren-Anzüge (wie den ALPHA, PREDATOR und 3.8) glänzen.                              


KURZBESCHREIBUNG DES RS1:

Der RS1 ist der am stärksten isolierte Neoprenanzug im ORCA-Sortiment, der insbesondere darauf ausgelegt ist, Schwimmer*innen ein ausgiebiges Training selbst in kalten Gewässern zu ermöglichen. Hierzu wurden zahlreiche Innovationen und technische Highlights implementiert (dazu unten mehr).

Herstellerseitig wird hierbei insbesondere auch auf ein ausgewogenes und gutes Preis-Leistungs-Verhältnis geachtet.

 

 

TECHNISCHE DATEN und HIGHLIGHTS:

Der RS1 bietet bei den Herren mit 9 (!) Größen und bei den Damen 5 Größen - somit sollte anhand der gut abgestimmten Größentabelle ein Fehlkauf vermieden werden Folgende Highlights und technische Innovationen wurden beim RS1 implementiert:

 

BATWING:

Ein ganz besonderes Highlight und Alleinstellungsmerkmal des RS1 ist hierbei natürlich der sogenannte BATWING.

Diese doppelte Neoprenschicht mit integriertem Kragen versiegelt sozusagen den Rückenbereich gegen eindringendes, kaltes Wasser.
Gleichzeitig wird durch diese Konstruktion warmes und wärmendes/isolierendes Wasser im Inneren gehalten. Zusätzlich wird eine sehr gute Passform am Hals und eine etwaige Reibung minimiert. Gerade hier war ich gespannt, wie sich dieses innovative Detail bei meinen Tests bemerkbar machen würde.

 

Thermal-X:

Der RS1 verfügt über ein hochtechnisches „Thermo-Innenfutter“ (Brust & Rücken bis zu den Knien), das die Wärme effizienter als andere, konventionelle Innenstoffe speichern und somit als Wärmespeicher fungieren soll. Zusätzlich bietet die weiche und leicht flauschige Struktur eine angenehme Haptik und steigert den Komfort.

 

Yamamoto 40 & Infinity Skin:

Im Schulterbereich verwendet der RS1 das spezielle Yamamoto 40 Material, sowie das Infinity Skin Innenfutter. Das Infinity Skin2-Innenfutter wurde dabei aus einem hochelastischen Nylon mit Bambusfasern entwickelt.
Dieses innovative Lining gewährt zum einen maximale Flexibilität bei jedem Armzug, isoliert und reduziert schlechte Gerüche und das Auftreten von Bakterien im Neoprenanzug.
Die verwendeten natürlichen, ökologischen und nachhaltigen Materialien vermeiden zudem auch Hautreizungen und schonen die Umwelt.Durch das Yamamoto 40 soll eine 130-prozentige Dehnfähigkeit - also mehr um das Doppelte der ursprünglichen Größe - gewährleistet sein, um auch hier eine maximale Leistung und Bewegungsfreiheit zu garantieren.

Gegenüber herkömmlichen Neopren-Materialien soll hierbei ein bis zu 72 % geringer Kraftaufwand beim Dehnen nötig sein.

 

Yamamoto 39:

Im Rumpfbereich wird ein 5mm dickes Yamamoto 39 Neopren für maximale Wärmeisolation an den wichtigsten Körperstellen verwendet, ohne dabei die Schwimmlage massiv zu beeinträchtigen oder Bewegungsfreiheit einzuschränken.

 

Ultimate Seal Collar:

Hierbei wird das Wundscheuern durch einen lasergeschnittenen Kragen und einen inversen Klettverschluss minimiert und auch Druckstellen auf der Haut verhindert. Dies ist insbesondere bei längeren Schwimm-Sessions von besonderer Wichtigkeit.

 

NACHHALTIGKEIT:

ORCA ist durch seine Kooperation mit Yamamoto in der Lage, ein aus Kalkstein gewonnenes Neopren zu verwenden. Dieses Verfahren ist deutlich umweltschonender als die Neopren-Herstellung (minderer Qualität) aus Erdöl.

Bereits in den 1960er Jahren konnte Yamamoto dieses spezielle Verfahren entwickeln, stetig verbessern und dabei Neopren von allerbester Qualität und hochtechnischen Eigenschaften produzieren. Ebenso wird auch hierbei auf maximale Haltbarkeit wert gelegt. CARE to last!

Für eine maximale Haltbarkeit seiner Neopren-Anzüge empfiehlt ORCA insbesondere bei den Aspekten Reinigung, Lagerung und Transport folgende Punkte zu beachten:

 

REINIGUNG:

Um schädliche Rückstände zu beseitigen ist es insbesondere wichtig, die Neopren-Anzüge mit viel klarem Wasser, bei Bedarf mit einer kleinen Menge ph-neutraler Seife zu waschen und sehr gut auszuspülen.

Nach dem Reinigen sollte sichergestellt werden, dass der Neopren komplett austrocknen kann, am besten ohne Sonneneinstrahlung und mit Frischluftzufuhr.

 

AUFBEWAHRUNG:

Anschließend sollte im Rahmen der Lagerung des Wetsuits darauf geachtet werden, dass die Nähte nicht durch ein zu starkes Falten oder Dehnung zu sehr beansprucht werden. Idealerweise faltet man ihn in der Mitte und hängt ihn so auf – insbesondere schmale Kleiderbügel sollte man hierbei grundsätzlich vermeiden.

 

TRANSPORT:

Auch beim Transport ist darauf zu achten, dass Nähte nicht gedrückt und Falten vermieden werden. Hohe Temperaturen - zum Beispiel im Auto in der Sonne - können den Verschleiß stark beschleunigen.

 

VERARBEITUNG:

Die Verarbeitung des RS1 ist hochwertig. Sämtliche Nähte sind sauber ausgeführt, die Klebestellen makellos und an allen wichtigen Stellen sind Verstärkungen angebracht (Tapes). Natürlich ist auch der Reißverschluss hochwertig und leichtgängig.

Keinerlei Beanstandungen! TOP!

 

TESTVERFAHREN und TESTZEITRAUM.

Ich erhielt den RS1 circa Anfang Oktober 2021 und habe diesen bis fast Ende November in verschiedenen Seen in der Eifel testen können. Hierbei muss ich zum einen erwähnen, dass mir leider nicht die Größe 8 zur Verfügung gestellt werden konnte, sondern lediglich die Größe 7, die aber – aufgrund der hervorragenden Dehnfähigkeit der verwendeten Materialien - dennoch erstaunlich gut passte. Kleiner Nachteil war, dass durch meinen relativ langen Rumpf der BATWING stark vorgespannt wurden und somit der Kragenbereich im Rücken etwas weit nach unten gezogen wurde. Somit konnte ich mit dem ORCA Neoprene-HOOD (UVP 49€) keine 100%ige Überlappung hergestellt werden.

Dennoch konnte ich unproblematisch längere Swim-Sessions selbst in kalten Gewässern durchführen und dieses „kleine Detail“ störte mich erstaunlicherweise gar nicht. Im Rahmen des Testzeitraums bewegte sich die Wassertemperatur von circa 15°C bis hinunter auf circa 8°C.

Ich verwendete zunehmend mehr isolierendes Zubehör wie zum Beispiel den ORCA Neoprene-HOOD, die GOOGLE MASK, sowie ab einer Wassertemperatur von circa 13°C auch Neopren-Handschuhe und Socken eines anderen Herstellers, weil diese von ORCA nicht lieferbar waren. Mit der von mir genutzten Ausrüstung konnte ich mit dem RS1 bis zu einer Wassertemperatur von circa 8°C sehr gut schwimmen, ohne besonders auszukühlen. Dabei waren Swim-Sessions von 20-40min gut zu absolvieren.

Hier gilt es jedoch auch zu beachten dass man tendenziell eine mittlere bis hohe Schwimm-Intensität wählen sollte, damit der Körper durch die Anstrengung auch mehr Wärme produziert.
Um es auf den Punkt zu bringen: Der RS1 performt im kalten Gewässer extrem gut!

Sowohl die Passform ist sehr gelungen, das Anziehen gestaltet sich mit etwas Übung absolut einfach und gelingt dann zügig. Auch der Reißverschluss hakte zu keinem Zeitpunkt. Die Flexibilität im Schulterbereich ist absolut im grünen Bereich.
Sicherlich bieten absolute Top-Neos hier noch etwas mehr, aber bei kühlen Wassertemperaturen ist eine Top-Isolation deutlich wichtiger…

Auch der Auftrieb stimmte – ich brauchte nur wenig Beinschlag zur Unterstützung, die Schulterrotation war unproblematisch möglich und das Eindringen von Kaltwasser über den Rückenbereich fand kaum statt. Durch den sehr guten HOOD von ORCA in Verbindung mit der großflächigen GOOGLE MASK war insbesondere auch der Kopfbereich sehr gut geschützt, aber auch der RS1 glänzte mit einer sehr guten Performance und Isolationswirkung. Hier spielte das Thermal-X Innenfutter seine Stärken aus. Normale Neopren-Anzüge haben bei Wassertemperaturen von deutlich unter 15°C keine Chance gegen den RS1.

Man merkte zwar bei einer Wassertemperatur von unter 10°C, dass selbiges eine sehr auskühlende Wirkung entfalten kann, dennoch fühlte ich mich immer sehr gut geschützt und top isoliert! Natürlich drang das Wasser nach und nach, aber sehr langsam in den Neopren ein und wurde als zusätzliche „Isolationsschicht“ sehr schnell erwärmt und führte dazu, dass man es im RS1 „richtig gut aushalten“ konnte.

 

Hinweis:

Es ist vorteilhaft, die Neopren-Socken unter den RS1 zu ziehen und für eine möglichst großzügige Überlappung zu sorgen. Selbiges gilt auch für die Neopren-Handschuhe, damit auch dort möglichst wenig Wasser eindringen kann.

Ebenso sollte man eine GPS-Uhr über dem Wetsuit tragen, damit man diese auch ablesen und entsprechende Funktionen nutzen kann. Bei richtiger Größenwahl des RS1 ist durch den BATWING und den HOOD auch dafür gesorgt, dass zwischen Kopf- und Schulterbereich keine Körperstellen frei bleiben und ein Wassereindringen und Auskühlen auch in diesem Bereich vermindert wird.

Ein zusätzliches Sicherheits-Feature sind natürlich auch die neonfarbenen Applikationen im Ärmelbereich, wobei ich bei einem Schwimmen in offenen Gewässern dazu raten würde, eine neonfarbene Badekappe zu tragen und auch eine Schwimmboje zu nutzen.

 

Zwischen-Fazit:
Insgesamt kann ich dem RS1 eine sehr gelungene Performance bescheinigen.
Auch wenn ich ihn nicht im Schwimmbad in einem direkten Vergleich testen konnte, gehe ich davon aus, dass er in Sachen „Auftriebs-Performance“ und Flexibilität mit Wetsuits der gehobenen (Mittel/Ober-) Klasse mithalten kann. Nicht zu unterschätzen ist natürlich die deutlich höhere Wärmeleistung bei Wassertemperaturen deutlich unter 15°C. Hier können normale Wetsuits in Sachen Isolationswirkung und Wärmeschutz bei weitem nicht mithalten! Meiner Einschätzung nach kann man somit in offenen Gewässern seine Openwater Season durchaus bis Mitte/Ende November verlängern und auch den Saisoneinstieg in durchaus auf (Ende) März vorverlegen. Inwieweit dies im Einzelfall sinnvoll und angebracht ist, ist natürlich eine individuelle Entscheidung.

In Sachen Kälteschutz spricht beim RS1 zumindest diesbezüglich nichts dagegen.

 

 

ALTERNATIVEN:

Meines Wissens nach gibt es nur einen sehr kleinen Markt und ein sehr kleines Angebot von wirklichen THERMAL WETSUITS. Hierbei gibt es Anbieter, die Preisen von jenseits 1.000€ (UVP) aufrufen.

Dies ist meiner Meinung nach ein viel zu hoher Preis, zumal der ORCA RS1 eine tolle Gesamt-Performance bei einer UVP von gerade einmal 419€ an den Tag legt.
Hier kann man also eine Menge Geld für zusätzliches Kälteschutz-Equipment sparen. ORCA bietet (auch) eine große Auswahl verschiedener „Freiwasser“-Neoprenanzüge (ohne Thermo-Ausstattung), welche sehr innovative Zusatzfeatures in Sachen „Visibility, Restube-Option /Halterung und NFC-Identifikation“, oder FINA-Zulassung bieten.

Hinweis „PIMP my NEO“:
Auch Wetsuits ohne Thermo-Ausstattung kann man natürlich pimpen – z.B. mit einer Neo-Heatseeker-Vest, Neo-Short und dem o.g. Hood, sowie den Gloves & Socks.

Hierzu bietet ORCA ein umfassendes Sortiment an.
Hier der LINK zu den bei Shop4Runnes verfügbaren ORCA-Modellen:

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GESAMT – FAZIT:

Mit dem OPENWATER RS1 THERMAL gelingt es ORCA, einen absolut „preiswerten“ und hochfunktionalen THERMAL WETSUIT zu entwickeln. Nicht nur der Preis und die Qualität stimmen, sondern auch die Ausstattung und technischen Innovationen. Die verwendeten Materialien sind allesamt hochwertig und mit dem innovativen BATWING gelingt es ORCA, ein absolutes „Killer-Feature“ zu implementieren. Durch dieses wird das Eindringen von kaltem Wasser über den Rücken-Reißverschluss und Halsbereich deutlich reduziert. Die Beweglichkeit des RS1 ist auf einem sehr hohen Niveau (Schulterbereich). Die Isolationswirkung ist derart hoch, dass man bis deutlich unter 10°C Wassertemperatur auch längere Schwimmtrainings absolvieren kann.

Hierbei gilt es jedoch immer, individuelle Empfindlichkeiten, Fähigkeiten, sowie die Risiken beim Schwimmen in kalten, offenen Gewässern abzuschätzen und zu berücksichtigen.

Mit den entsprechenden zusätzlichen Ausrüstungsgegenständen (Neoprene HOOD, Handschuhe und Socken sowie Google Mask) kann man bis in den Spätherbst hinein und auch schon im Frühjahr in Badeseen schwimmen und ins Training einsteigen. Ein wirklich toller THERMAL WETSUIT!

Fotos: Eigene und ORCA