BROOKS CASCADIA 16 - EXPLORE ANY TRAIL

 

Jetzt im August erschien gerade die bereits 16. Auflage des Trail-Dauerbrenners und ich freue mich, diese als einer der ersten testen zu dürfen. Der Cascadia hat eine bewegte Geschichte mit vielen grundlegenden Änderungen hinter sich, die unterschiedliches Echo bei den Läufern hervorriefen. Die beiden letzten Modelle erfreuten sich nach einer Überarbeitung aber großer Beliebtheit (besonders der 15er aus 2020), so dass ich gespannt war, was mich mit dem neuesten Modell erwarten würde.

 

 

Features und Neuerungen


Auch wenn in den direkten Vorgängerversionen bereits umfangreiche Veränderungen vorgenommen wurden, bekam die 16. Auflage des Cascadia nochmals ein komplettes Update. Dies betrifft sowohl die Passform mit überarbeitetem Obermaterial, die Mittelsohle mit 2 mm dickerem, neuem DNA LOFT V2-Schaum, eine veränderte Außensohle und ein neues Erscheinungsbild. Anstelle des Pivot-Posting-System, das bei den Vorgängern eingebaut wurde, besitzt der neue Cascadia 16 nun Release Grooves, die sich dem Untergrund anpassen und so für noch mehr Stabilität sorgen. Der Schuh ist seit August 2021 in einer normalen Version und voraussichtlich ab Oktober mit einer GTX-Membran auf dem Markt. Auf die einzelnen Features werde ich später noch genauer eingehen. Hier zuerst eine kurze Zusammenstellung der relevantesten Daten:

 

Kategorie: Neutraler Trailschuh (Allrounder)
Gewicht:

Herren US 9: 298 g (meine US 12: 368 g)

Damen US 8: 269 g

Sprengung: 8 mm (29 mm/ 21 mm bzw. 33 mm/ 25 mm mit Stollen)
UVP: 140 €
Farbvarianten: 3 Herren- und 2 Damenmodelle
Größe/ Passform: Fällt normal aus (true to size); umschließt den Mittelfuß eher enger (guter Halt), aber mit viel Platz in der Zehenbox, für besonders breite Füße gibt es auch eine „breite“ Variante.

 

Erster Eindruck


Die mir zum Testen zugesendete Version in Black/Ebony/Nightlife ist durch die grelle neongelbe Zwischensohle und den gleichfarbigen Schnürsenkeln und Brooks-Logo auf schwarzem Obermaterial sehr kontrastreich und für einen Trailschuh auffällig, was mir aber durchaus gefällt. Die leuchtendgelbe Männerversion (Yellow/Black/Grenadine) wäre mein persönlicher Favorit, es gibt aber auch eine dezentere Variante sowie zwei gelungene Damenmodelle. In meiner Größe wiegt er 368 g, liegt also im Normalbereich von stärker gedämpften Trailschuhen. Er ist damit im Vergleich zum Vorgänger erfreuliche 14 g leichter geworden, was vor allem auf das neue, 20 % leichtere Zwischensohlenmaterial zurückzuführen ist.

Beim Anziehen spürt man sofort den gewohnten Brooks-Komfort. Der Cascadia kann bei der Passform wirklich punkten. Er fällt nicht ganz so klein aus wie Laufschuhe vieler anderer Marken: Ich trage im Alltag eine US 11 bis 11,5, bei Laufschuhen anderer Marken normalerweise US 12. Die gelieferten US 12 beim Cascadia sind fast schon etwas groß, er ist also eher true to size. Die Ferse sitzt bequem aber fest und sicher, der Schaft und die vernähte Zunge sind üppig gepolstert. Der Cascadia mit seiner klassischen Schnürung umschließt den Mittelfuß gut und hält ihn stabil, was mir mit dem Fersenhalt zusammen sehr wichtig ist. Trotzdem ist die Zehenbox sehr geräumig, sowohl seitlich als auch nach oben, so dass auch meine breiteren Füße genug Platz darin finden. Insgesamt wirkt die Passform in Kombination mit der herausnehmbaren, anatomisch geformten BioMoGo-Innensohle sehr gelungen. Man spürt, dass man kein Leichtgewicht an den Füßen hat, aber der Cascadia möchte ein Schuh für alle Fälle sein und bietet eine Menge Schutz und Dämpfung. Alles in allem wirkt die Material- und Verarbeitungsqualität sehr hochwertig, alle Nähte und Klebestellen sind perfekt verarbeitet. Gleich beim ersten Reinschlüpfen fühle ich mich wohl und möchte gleich loslaufen.

 

 

Aufbau


Obermaterial
Das Obermaterial besteht aus einem einlagigen Mesh mit aufgeklebten Elementen, die dem Schuh zusätzlichen Halt geben, aber auch als Schutz fungieren. Das Mesh ist gleichzeitig atmungsaktiv, flexibel und anpassungsfähig aber trotzdem robust und macht einen langlebigen Eindruck. Es ist auch relativ wasserabweisend, so dass beim Laufen durch eine nasse Wiese nicht sofort Feuchtigkeit eindringt. Wer auf der Suche nach einem komplett wasserdichten Trailschuh ist, sollte allerdings zum Cascadia GTX greifen. Die Fersenkappe ist fest, im Zehenbereich ist ein wirksamer Stoßschutz angebracht und die Bereiche, wo man oft an Steinen/ Wurzeln entlangschrammt, sind umlaufend verstärkt. Insgesamt sind sowohl der Schuh und vor allem der Fuß gut geschützt und man ist auch für anspruchsvollere Trails gerüstet. Die Schlaufe vorne und der Klettverschluss an der Außenseite der Fersenkappe sind genial, um Gamaschen zu befestigen.

Die flachen Schnürsenkel sitzen perfekt in den länglichen Ösen. Sie lockern sich nicht und können in einer Lasche auf der Zunge untergebracht werden, damit sie nirgendwo hängenbleiben. Sie halten den Mittelfuß gut fest und man muss auch bei längeren Strecken nicht nachbinden oder korrigieren – großes Lob an Brooks! Es gibt zwei zusätzliche Löcher für die Marathonschnürung, damit wirklich jeder seine individuell beste Anpassungsmöglichkeit finden kann. Bei mir hielt der Cascadia ohne die zusätzlichen Löcher ausgezeichnet, aber andere Läufer (z.B. mit schmaleren Füßen) könnten davon profitieren. 

 

Zwischensohle


Der Cascadia 16 hat auch bei der Zwischensohle ein Upgrade spendiert bekommen. Die neue DNA LOFT V2- Zwischensohle soll um 5 % softer und um 20 % leichter sein als die des Cascadia 15. Sie erhielt auch zusätzliche Release Grooves, um sich besser dem Untergrund anpassen zu können. Zudem wurde der Aufbau um 2 mm erhöht und ist nun 29 mm unter der Ferse bzw. 21 mm unter dem Vorfuß, woraus sich wie beim Vorgänger eine Sprengung von 8 mm ergibt, die im mittleren Bereich liegt. Der Cascadia 16 verfügt auch weiterhin über das „Ballistic Rock Shield“, das aber ebenfalls aktualisiert wurde. Der Steinschutz in der Sohle erhielt in der aktuellen Version vertikale Rillen, um die seitliche Anpassungsfähigkeit an das Gelände zu erhöhen.

 

Außensohle


Die Außensohle wurde ebenfalls überarbeitet. Sie verwendet zwar wieder den griffigen TrailTack-Gummi, dafür wurden beim 16er weniger Stollen mit einer etwas schärferen direktionalen Anordnung aufgebracht. Es scheint, als wolle Brooks das neue Modell auch für steilere und technischere Trails wappnen. Durch die größeren Abstände ist die Performance bei Matsch besser: die Sohle setzt sich nicht so leicht zu bzw. befreit sich wieder schneller. Die Stollen sind zudem nicht mehr durchgängig, sondern wurden unter dem Mittelfuß ausgelassen. Der Cascadia verfügt auch über Drainageöffnungen, so dass eingedrungenes Wasser schnell ablaufen kann. Die Sohle ist wirklich allroundtauglich und scheint auch haltbar zu sein, da ich im Testzeitraum keine gravierenden Abnutzungsspuren feststellen konnte.

 

 

Die Laufeigenschaften im Praxistest


Der Marketingslogan des Cascadia 16 ist „Explore any trail“. Genau darauf hatte ich mich gefreut! Beim Loslaufen auf dem Parkplatz  wirkte die Zwischensohle im ersten Moment auf mich etwas fest, der Eindruck verflüchtigte sich aber schnell. Auf dem Trail fühlte sie sich einfach nur gut an. Sie ist nicht supersoft, aber weich genug, um auch auf längeren Läufen (> 3 Std.) genug zu dämpfen, was dann auch nicht nachlässt.

Ich habe den Cascadia zuerst auf wurzeligen Waldpfaden getestet, die in unserem verregneten Sommer mit viel Matsch und nassen Wurzeln/ Steinen viele Schuhe schnell an ihre Grenzen bringen können. Nicht so den Cascadia 16. Er hat dort richtig viel Spaß gemacht und zu jeder Zeit Sicherheit vermittelt. Trotz seines dicken Aufbaus und der Schutzplatte bekommt man noch ausreichend Rückmeldung vom Boden. Er passt sich diesem gut an, läuft sich nicht träge und gibt Energie zurück. Klar gibt es Modelle, die direkter und dynamischer sind, aber dafür bietet der Cascadia eine Menge Schutz und Dämpfung. Hier ist Brooks eine sehr gute Balance gelungen.

Für ein paar Tage konnte ich den Schuh auch im alpinen Gelände testen. Zuerst war ich nach den Läufen in einfacheren Wald-/ Wiesentrails der Meinung, dass Brooks bei dieser Sohlenstärke zugunsten einer Gewichtsersparnis lieber auf das Rock Shield verzichtet hätte. Nach den Läufen über Felsen, spitze Steine und Wurzeln begeisterte mich der Cascadia mit seinen Schutzeigenschaften. Auch im technischeren Gelände kann der Schuh punkten. Er ist wirklich stabil, schützt wie gesagt vor den „Feinden von unten“ und dennoch besitzt die Sohle eine tolle Anpassungsfähigkeit an den Untergrund. Beim Downhill macht er ebenfalls viel Spaß, da man mit dem guten Grip es auch mal laufen lassen kann und der Schuh aber auch Fehler verzeiht und man sich sicher fühlt. Hier zeigte sich aber, dass der Brooks-Trailschuh nicht so klein ausfällt wie viele andere Laufschuhe. Ich könnte den Cascadia eine halbe US-Größe kleiner als meine anderen Laufschuhe tragen. Beim Einsatz in alpinen Gelände ist ein fester Sitz des Vorfußes wichtig, um Stabilität und damit Sicherheit beim Laufen zu gewährleisten. Deshalb wäre es wichtig, den Schuh nicht zu groß zu kaufen. Durch festeres Schnüren war er dann bei mir trotzdem stabil, aber da er im vorderen Bereich relativ groß ist, sollte man ihn probieren oder lieber eine Nummer kleiner als bei anderen Marken bestellen, insbesondere, wenn man schmale Füße hat.

 


Einsatzbereich und Fazit


In seiner langen Geschichte hatte der Cascadia auch einige weniger gelungene Versionen. Mit dem großen Update 2021 hat Brooks jedoch meiner Meinung nach einen sehr gelungenen Trailschuh auf den Markt gebracht. Der Trailrunner bekommt ein umfassendes Gesamtpaket zu einem vernünftigen Preis, das zudem auch noch gut aussieht.

Der Cascadia 16 ist ein Neutralschuh, der aber aufgrund seiner Konstruktion trotzdem viel Stabilität bietet und somit auch bei leichten Überpronierern gut funktionieren sollte. Die Qualität der Verarbeitung und des Obermaterials verspricht eine gute Haltbarkeit und auch die Außensohle zeigt nach ca. 110 km kaum Abnutzungserscheinungen.

Brooks hat mit dem Cascadia 16 einen Schuh konzipiert, der sehr viele Sachen ziemlich gut kann. Für einfacheres Trailgelände wäre er mir persönlich „zu viel Schuh“. Da würde ich ein Modell mit weniger Schutz und Gewicht bevorzugen, das etwas dynamischer wäre. Wer aber nicht viele Trailspezialisten im Schuhschrank haben möchte, hat mit dem Cascadia 16 eine gute Wahl, da er wirklich unter allen Bedingungen eine tolle Figur abgibt und auch mit technischeren Alpentrails zurechtkommt. Besonders überzeugt hat mich die neue Außensohle, die unter allen getesteten Bedingungen super funktioniert hat und ich keine Schwäche entdecken konnte. Natürlich gibt es für die ganz langen Abenteuer noch stärker gedämpfte Spezialisten, auch für kurze, schnelle Wettkämpfe gibt es andere Schuhe. Aber das kann man einem Allrounder nicht wirklich vorwerfen, zumal er in vielen Bereichen nicht nur ein akzeptabler Kompromiss ist, sondern wirklich seine Stärken zeigt.

Festzuhalten bleibt: Brooks hat für das auf der Ferse aufgedruckte Motto „Explore any trail“ sein Versprechen gehalten und einen passenden Schuh dazu entworfen. Die 16. Auflage des Klassikers dürfte viele Trailrunner ansprechen und könnte zu einem echten Liebling unter den Neuerscheinungen werden. Für mich gehört er schon jetzt dazu.

 

 

Seed the Trails


Brooks hat sich darüber hinaus ein weiteres Schmankerl einfallen lassen. Zu jedem gekauften Cascadia 16 erhält der Käufer ein Päckchen mit Blumensamen. Der Gedanke dahinter ist, dass man somit der Natur und den Trails, auf denen man unterwegs ist, etwas zurückgibt. Einer von vielen Beiträgen von Brooks zum Thema Nachhaltigkeit, was mir sehr gut gefällt.