ADIDAS ADIZERO TAKUMI SEN 8 / Kurztest

 

„Handwerker auf höchstem Niveau“

… so könnte man „TAKUMI SEN“ ins Deutsche übersetzen.

Das Besondere am ADIDAS TAKUMI SEN8 (TS8) ist, dass er der Vertreter einer neuen „Gattung“ ….den sogenannten „LOW STACK“ Carbon-Racern ist.

Bei diesen Modellen wird die gem. World Athletics erlaubte Mittelsohlendicke von 40mm bewusst nicht ausgereizt, sondern versucht, insbesondere sehr leichte, dynamische und etwas „stabilere“ Racer zu entwickeln.

Da Adidas mit dem ADIZERO ADIOS PRO2 und dem BOSTON10 bereits zwei deutlich unterschiedliche Carbon-Laufschuhe im Sortiment hat, macht dieser Schritt meiner Meinung nach durchaus Sinn.
Viele Läufer*innen bevorzugen sogar ein etwas strafferes, direkteres Laufgefühl, wie bei den „guten, alten Racing Flats“.
Ich war auf jeden Fall sehr gespannt, wie der TS8 im Vergleich zu den anderen Adidas-Modellen und der Carbon-Konkurrenz performen würde…

Auch in diesem Fall hat mir Shop4runners den TAKUMI SEN8 zur Verfügung gestellt, so dass ich diesen unabhängig von etwaigen Herstellerinteressen testen konnte.

 

OPTIK, VERARBEITUNG & PASSFORM

Der von mir getestete TS8 in der Farbe „Legacy Indigo / Turbo / Sky Rush“ macht vom ersten Augenblick richtig Eindruck.
Die interessante Mischung verschiedener Blautöne mit den „knalligen“ rosa-roten Streifen wirken klassisch und dennoch auch sehr stylish.Natürlich gibt es auch andere Colorways (Grey Six / Cloud White / Core Black & Cloud White / Real Teal / Flash Orange )

Die Verarbeitung ist hochwertig – keine Klebereste, oder unsaubere Nähte zu entdecken. Daumen hoch!

Wie der ADIOS PRO2 hat der TAKUMI SEN8 eine sehr schmal geschnittenes Upper, welches insbesondere auf einem nochmals schmaleren Race-Leisten aufgebaut wurde. Auch bei ihm wird der Mittelfußbereich sehr gut fixiert.

Der Fersenbereich ist am Kragen leicht gepolstert, die Fersenkappe kaum verstärkt, so dass man hier eine gute Schnurposition für einen perfekten LOCK-IN finden muss. Dies wird insbesondere wichtig, wenn man schnell durch enge Kurven laufen möchte.

Der Vorfußbereich hingegen bietet ausreichend Platz.
Die Zunge ist auch minimalistisch konstruiert – wirkte aber nicht unbequem.

 

TECHNISCHE DATEN

Der TS8 wiegt in der Größe EU 47 1/3 (US12,5)  erstaunlich niedrige 226g. Er ist somit der leichteste Carbon-Racer, den ich bislang testen durfte.

Die sog. Stapelhöhe beträgt 33 zu 27mm, was eine Sprengung von 6mm ergibt, also etwas niedriger als sein großer Bruder der ADIOS PRO2 (Adios Pro2 mit 39,5/31mm & 8,5mm Sprengung laut diverser Tests, Adidas selbst gibt auf der Website 39/31,5 mit falsch berechneten 8,5mm Sprengung an). Hinweis: Mit dem Vorgänger-Modell hat der TS8 außer dem Namen nicht mehr viel gemein – er ist eine komplette Neuentwicklung!

 

TECHNISCHE HIGHLIGHTS

Auch hier glänzt der Takumi Sen 8 mit ähnlichen „Ingredienzien“ und technischen Innovationen wie der „große Bruder“/PRO2: Natürlich ist das bewährte LIGHTSTRIKE PRO „an Board“ - das reaktivste Mittelsohlenmaterial von Adidas.

Man munkelt, dass es sich um ein TPU/EVA-Blend oder ein TPE-E handelt – Adidas hält sich mit Informationen natürlich zurück.
…das machen aber alle Hersteller 

 

Kleine Material-Kunde

TPE/TPR sind Thermoplastische Elastomere, die sich bei Raumtemperatur wie klassische Elastomere verhalten, sich aber bei Wärmezufuhr plastisch verformen lassen. Es existiert eine Vielzahl von TPE, u.a. „Olefine“, Urethane (TPU), Blockpolymere und Polyamide (TPE-A), von denen verschiedenste Varianten auch als Mittelsohlenschäume in Laufschuhen Verwendung finden.

Gemeinsam ist ihnen zumeist ein geringes Gewicht und eine sehr hohe Reaktivität (Rebound) beim Verformen/Abrollvorgang. Bei den „High-End-Racern“ wird insbesondere das sog. PEBAX (ein Polyether-Block-Amid) gerne verwendet, auch wenn die Dauerhaltbarkeit ggü den „normalen EVA“ geringer ausfällt.

Das Lightstrike Pro von Adidas ist aber in Sachen Performance „auf Augenhöhe“ (vielleicht etwas „schwerer“ und auch etwas straffer in Sachen Dämpfung aber auch formbeständiger und haltbarer.

Auch der TS8 besitzt ein sehr leichtes, fast durchsichtiges Monomesh-Upper, welches im Frontbereich, sowie seitlich durch eine skelettartige Overlay- und Tape-Struktur verstärkt wird.
Allerdings handelt es sich (offenbar) beim TS8 nicht um das Top-Material CELERMESH2.0.

Hinweis: Das Obermaterial besteht zu mindestens 50 % aus recycelten Materialien

Im Unterschied zum ADIOS PRO2 wurden beim Takumi Sen8 auch keine Carbon-Rods implementiert, sondern diese sollen aus einer Kunststoff- oder TPU-Mischung (hier findet man weder bei Adidas noch „im Netz“ Konkretes) bestehen und auch dünner sein. Letzteres kann ich auf jeden Fall bestätigen. Insbesondere lassen sich die Rods des TS8 deutlich leichter verbiegen, besitzen also eine deutlich höhere Compliance.

Ebenso fehlt dem Takumi die sog. Heel-Plate (Fersen-Inlay) des PRO2, welche tendenziell auch (aufgrund der geringeren „Bauhöhe“ des TS8) weniger benötigt wird. Dazu unten mehr…

Beim TS8 ist die Mittelsohle mit „Cut-Outs“ versehen, insbesondere um Gewicht zu sparen. Ebenso bietet die Mittelsohle dann eine höhere Torsionsfähigkeit. Medial (Innen) ist diese Aussparung sehr groß und legt sogar mehrere Energy Rods frei, lateral besitzt er zudem eine kleine Aussparung im Vorfußbereich, welche als „Flexkerbe“ fungieren kann.

Die Außensohlen-Konstruktion ist speziell im Bereich des Großzehengelenks mit einer großflächigen Continental-Gummierung (mit leichter Profilierung) ausgestattet. Die Außenbereiche, sowie Abriebs-Verstärkungen im Fersenbereich sind aus dem bewährten, dünnen und sehr grippigen Gummi, welches auch der PRO2 besetzt.

 

 

LAUF-DYNAMIK, DÄMPFUNG UND GRIP

Der Takumi Sen8 ist aufgrund der reduzierten Stapelhöhe noch einmal etwas straffer und mit einer insgesamt leicht reduzierten Dämpfung ausgestattet als der ADIOS PRO2.

Man merkt ihm direkt an, dass er ein echter RACER mit einer durchaus angenehmen Dämpfung ist.
Was ihn auszeichnet ist eine wirklich gelungene, dynamische und direkte Abstimmung.

Der TS8 geht richtig „nach vorne“.

Die Mittelsohlen-Konstruktion weiß zu überzeugen. Man spürt, dass insbesondere die (dünneren) Energy Rods in Sachen „Federhärte“ deutlich weicher abgestimmt sind und sich somit im Rahmen des Abrollvorgangs deutlich mehr verbiegen und vorspannen lassen.

Dies führt insbesondere dazu, das Mittel- und Vorfußläufer*innen, welche sich insbesondere auch in der Abdruckphase über die Zehen dynamisch abstoßen, eine sehr gute Performance aus dem Takumi Sen8 herausholen können.

Es scheint quasi so zu sein, dass sich die Energy Rods insgesamt mehr verbiegen (können) und im letzten Drittel des Turnovers dann eine gesteigerte „prä-metatarsale Performance“ bieten können, welche zusätzlich durch die Rocker-Konstruktion unterstützt wird. Deswegen ist der Takumi Sen8 meiner Meinung nach eher für Vor- und Mittelfußläufer*innen mit kurzen Bodenkontaktzeiten geeignet. Durch die insgesamt etwas flachere Bauform läuft sich der TS8 fast wie ein klassischer Racing Flat, auch wenn man ihm anmerkt, dass seine Bauhöhe deutlich höher ist als bei den „alten“ Race-Modellen. Vor 5-10 Jahren hätte man ihn als sehr angenehm und gut gedämpften Marathon-Raceschuh im Markt platzieren können.

…aber die Zeiten ändern sich.

Ebenfalls ist der TS8 insgesamt etwas stabiler zu laufen als der PRO2, was man insbesondere in Kurven und bei Wendepunkten merkt. Auch ohne Heel-Plate (s.o) und schmalem Rückfußbereich ist der TS8 „auf der Ferse“ nicht kippeliger als der ADIOS PRO2.
Der Vor- & Mittelfußbereich generiert aber eine etwas höhere Stabilität.
Die durch den medialen Cut-Out erhöhte Torsionsfähigkeit führte zumindest bei mir nicht zu einer höheren Instabilität. Zusätzlich kann ich dem TAKUMI SEN8 insbesondere bei Nässe einen erhöhten GRIP bescheinigen, welcher meiner Meinung nach auf die segmentierte Gummierung und insbesondere auf die sehr gelungene Continental-Außensohle mit leichtem Profil zurückzuführen sein dürfte.

Dies gilt insbesondere auch auf gut ausgebauten Wald oder Feldwegen, wo die Conti-Gummierung des TS8 auch mehr Grip als der PRO2 an den Tag legt.

….das PROFIL des TS8 „greift“ etwas besser….

Aber Achtung: Durch den medialen Cut-Out sind die Energy-Rods mittelgroßen Steinen schutzlos ausgesetzt…auch wenn bei meinen Testläufen mit dem TS8 keine Beschädigungen zu verzeichnen waren.

 

ATMUNGSAKTIVITÄT

Keinerlei Beanstandungen – das offenporige Mesh lässt die Luft sehr gut zirkulieren.


HALTBARKEIT

Während meiner Test-Läufe konnte ich keine signifikante Abnutzung feststellen. Tendenziell gilt aber auch für den TS8, dass dieser als Wettkampf-Schuh kein „Kilometer-Sammler“ sein kann.

Allerdings zeigt das Lightstrike Pro ggü. PEBA-Schäumen eine deutlich geringere Verformung (Faltenwurf). Meiner Meinung nach dürften 300-500km je nach Einsatzbereich und individueller Abnutzung aber erreichbar sein.

 

EINSATZBEREICH

Vor dem Hintergrund des sich wandelnden Laufschuh-Marktes und dem Siegeszug der „High-Stack“-Superschuhe würde ich den TS8 aktuell maximal bis zur Halbmarathon-Distanz einsetzen.

Auch Adidas selbst empfiehlt einen Einsatzbereich von 5-21km.

Dies liegt nicht daran, dass der Takumi nicht auch für Marathonläufe geeignet wäre, sondern dass ich es mittlerweile bevorzuge, hochgedämpfte und dynamische Schuhe laufen zu dürfen. Und hier spielen die Carbonschuhe mit dickerer Mittelsohle noch einmal einen kleinen Performance-Vorteil aus.

Leichtfüßige Mittel- und Vorfußläufer, die insbesondere mit kurzen Bodenkontaktzeiten glänzen, können den TS8 jedoch sicherlich auch auf der Marathon-Distanz verwenden. Insbesondere auf kurvigen Strecken dürfte der TS8 Vorteile haben, ebenso bei Nässe. Auch bei Intervallen auf der Bahn würde ich den TS8 seinem großen Bruder, dem ADIOS PRO2, vorziehen.

Der BOSTON10 ist deutlich schwerer, stabiler und bietet bei weitem nicht die Dynamik des TS8. Er ist meiner Meinung nach der „Kilometerfresser“ unter den Carbon-Schuhen im Adidas-Sortiment.

Hier der Link zu den verfügbaren Adidas Straßen-Laufschuhen:

https://shop4runners.com/herren/schuhe?promo_brand=Adidas&promo_shoe_surface=Stra%C3%9Fe

 

Hinweis für Triathlet*innen:

Triathlet*innen sollten bei der Verwendung des TS8 beachten, dass dieser relativ schmal geschnitten ist und auch der Einstieg eher etwas enger konstruiert ist.

Bei der Verwendung von Schnellschnür-Systemen mit reinem „Slip-In“ müssen die Gummi-Senkel für einen guten „Lock-IN“ eng eingestellt werden, was aber den Einstieg deutlich erschwert.

Bei Schnür-Systemen mit Justage/Klemmung kann man diese „weit einstellen“, so dass das Einsteigen in den Schuh einfacher und schneller zu bewerkstelligen ist. Dann muss man aber „nachziehen“, was etwas Zeit kostet.

Ebenfalls zu beachten ist, dass die Zunge nicht integriert, sondern „nur punktuell“ vernäht ist….

 

 

KONKURRENZVERGLEICH

Der Takumi Sen8 hat aktuell nur wenige wirkliche Gegner.

Zum einen ist dies der ON Cloudboom ECHO, der auch nicht ganz so „hoch gebaut“ ist.

Dieser ist im Vorfußbereich etwas softer abgestimmt und generiert gerade in höherem Tempo einen ähnlichen Vortrieb wie der TS8.
Der Takumi punktet jedoch mit einem niedrigeren Gewicht, einer sehr angenehmen dynamisch, straffen Abstimmung und einem niedrigerem Preis. Der New Balance Fuelcell Elite V1 ist ebenfalls etwas flacher gebaut und glänzt mit einer sehr angenehmen, leicht soften Dämpfung.

Wer es etwas straffer mag, ist beim TS8 besser aufgehoben.

Außerdem dürfte der NB ELITE V1 kaum noch verfügbar sein. Ebenfalls zu den flacheren Carbon-Racern gehört der Asics Metaracer (und sein Quasi-Nachfolger der Magic Speed). Der Asics besitzt auch „nur“ eine Frontplatte, die jedoch weiter unten platziert ist. Der Mittelsohlenschaum des Metaracers generiert nicht den Rebound des Lightstrike Pro. Er läuft sich noch direkter und ist einem klassischen Racing Flat sehr vergleichbar.

Der TS8 punktet mit einer deutlich höheren Dynamik, Gesamt-Performance bei zusätzlich geringerem Gewicht.

Es bleibt abzuwarten, ob ich auch eines der Top-Modelle von Asics (Metaspeed Sky oder Edge) testen kann, um hier einen etwas faireren Vergleich stattfinden lassen zu können. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Takumi Sen8 aktuell im Bereich der „Low Stack“ Carbon-Schuhe eine Spitzenposition einnimmt.

Ob der Nike ZoomX Streakfly zu ihm aufschließen kann wird sich zeigen, zumal dieser auch keine Carbon- besitzt, sondern lediglich eine PEBA-„Platte“ (sog. „Shank“).

 

GESAMT-FAZIT

Der Takumi Sen8 rundet das Carbon-Sortiment von Adidas ab. Er ist optisch gelungen, sehr gut verarbeitet und verdammt leicht!
Durch seine flachere Bauweise als beim ADIOS PRO2 bietet er nicht ganz dessen hohe Dämpfung ist aber angenehm direkt und dynamisch abgestimmt. Die Energy Rods lassen sich deutlich leichter verbiegen und vorspannen und bieten im Zusammenspiel mit dem sehr guten Lightstrike Pro Mittelsohlenschaum eine tolle Performance.

Auch wenn er nicht ganz das Niveau des großen Bruders erreicht, spielt er seine Vorteile insbesondere bei kurvigen Strecken durch seine höhere Stabilität und bei Nässe durch den tollen Grip der segmentierten Continental-Gummierung aus.

Da auch der Preis stimmt (UVP 200€) kann ich den TS8 sehr empfehlen. Insbesondere Freunde der klassischen Racing-Flats werden mit ihm in das „Carbon-Zeitalter“ geführt. Der Takumi Sen8 ist nicht nur ein Handwerker, sondern meiner Meinung nach aktuell der „Meister seines Fachs“!

Er setzt für seine Kategorie der „Low-Stack-Superschuhe“ aktuell den Maßstab.

Fotos: Eigene und ADIDAS